Performative Architektur (Excerpt)
Oliver Hangl bringt das kodierte Subjekt auf die
Bühne und unterwirft es einem ausgeklügelten Blickregime. Kurz nach
der Eröffnung einer Wohnhausanlage in Wien Simmering schrieb Hangl für
einige BewohnerInnen Stücke, die diese dann selbst aufführten
in ihrer eigenen Wohnung, mit zurückgezogenen Vorhängen,
nach außen sichtbar. Ein live gespielter Soundtrack der Wiener Elektronikmusiker
UKO (Kleinrecords) begleitete die Aufführung. Das Publikum, auf
der gegenüberliegenden Straßenseite, in einem Bürohochhaus
untergebracht, beobachtete die Szenen mit Hilfe mitgebrachter Ferngläser.
Hangl thematisiert in seiner Arbeit insightout nicht nur die Steuerung,
Kontrolle des Blicks, sondern verschiebt mit seiner Arbeit auch das Verhältnis
von Innen und Außen: Die Aufführungen finden öffentlich
in den eigenen vier Wänden statt. BewohnerInnen geben ihre Apartments
den neugierigen Blicken preis und fungieren als DarstellerInnen, die BewohnerInnen
spielen, in Nachbarschaft mit jenen, die sich unbeobachtet fühlen und
sich so verhalten wie immer, aber ebenfalls ins Spiel integriert
werden. Das Heim wird auf diese Weise sprichwörtlich nach außen
gestülpt. Aber auch der Voyeur selbst tritt ins Rampenlicht, er ist nicht
alleine und muss sich damit selbst der Beobachtung durch andere aussetzen,
sich exponieren. Auch er steht auf letztendlich auf der Bühne und wird
immer wieder auf seine Position des Beobachtens zurückgeworfen; sein
Blick konstituiert nicht nur das Gegenüber, das Gegenüber konstituiert
auch den Voyeur.
Über den Einsatz von Performativität tritt das Leben im Hochhaus,
das gesamte Gebäude auf die Bühne, wird zu einem Stück, das
bestimmten Rollen und Handlungsanweisungen folgt, die allerdings auch umgeschrieben
werden können. Innen und Außen, Realität und Inszenierung
gehen ineinander über.
Ausschnitt aus: Barbara Steiner: "Performative Architektur", in: Performative Installation, Köln: Snoeck, 2003. S. 198 f.